Der Tagesablauf in Mistlau

  • An folgenden Tagesablauf kann ich mich erinnern:


    6 Uhr aufstehen (auch am Wochenende),schrecklich!! Ich habe mir damals immer geschworen, dass ich sobald ich groß bin, nie wieder früh aufstehen werde.


    Eine Praktikantin oder die Schwester kam in die Zimmer, machte das große Licht an und rief einmal: "Aufstehen!"


    Alle Kinder mussten sich innerhalb von Sekunden auf die Bettkante setzen.(bei den Königskerzen nur im Bett aufsetzen). Dann wurde gemeinsam, oft noch mit geschlossenen Augen, das Gebet runtergeleiert.
    (voll verpennt).


    Das Gebet klang folgendermaßen:


    Wie fröhlich bin ich aufgewacht,
    wie hab ich geschlafen so sanft die Nacht (ich hab immer verstanden: Wie hab ich geschlafen hab Dank du Nacht)
    hab Dank im Himmel oh Vater mein,
    dass du hast wollen bei mir sein
    behüte mich auch diesen Tag,
    dass mir kein Leid geschehen mag (jaja!!)
    Amen


    Alle mussten in Windeseile aus dem Bett rausspringen, (Wenn man zu langsam war, hatte man schon das erste Mal am Tag Ärger), anziehen, Betten machen, kämmen, Zähneputzen (ab dem 6.Lebensjahr), Schlafzimmer fegen, (immer einer der darin schlief) und dann schnell zum Frühstück gehen.(Die Bettnässer mussten mit ihren nassen Bettlaken ins Bad und in der Wanne kalt baden. Jeder der ins Bad kam sah sie da sitzen. Das war jeden Morgen die gleiche Erniedrigung für sie, anschließend mussten sie in dem Wasser ihr Bettzeug selber auswaschen. Schläge hatten sie um diese Uhrzeit auf jeden Fall schon einmal bekommen, weil man damit ja das Bettnässen bekämpfen wollte?( )


    Vor dem Frühstück mußte derjenige ,der das Amt "Essen aus der Großküche holen" hatte, mit einem 5l Plastikeimer in die Küche gehen und Haferflockensuppe holen, danach Jedem 2 Schöpfkellen austeilen. Dazu eine Scheibe Brot. (jeden 2. Tag gab es Brei)


    6.30 Uhr
    Vor dem Essen beten


    Alle guten Gaben,
    alles was wir haben,
    kommt oh Gott von dir,
    wir danken dir dafür
    Amen


    schnell die Suppe runterwürgen. Nicht viele Kinder mochten sie. Manche brachen jeden 2.Morgen und mussten das Gebrochene dann wieder aufessen. Die Schwester Erna (Schwester Irma tat das gleiche in ihrer Gruppe,. der Unterschied zu Schwester Erna war: Sie hatte keinen Rohrstock, sondern einen Handfeger, Kleiderbügel oder die Fliegenpatsche in der Hand. ), stand mit dem Rohrstock hinter dem Kind und sorgte dafür, dass das auch wieder gegessen wurde. Lore die Arme, musste eigentlich immer brechen, ihr war es vor dem Frühstück schon ganz schlecht wenn sie daran dachte.Sie weinte immer schon vorher. Ich glaube, sie war allergisch auf diese Milchsuppe. Wir litten alle mit ihr, konnten ihr aber nicht helfen. Wenn es Brei gab war sie sichtlich erleichtert und brauchte auch nicht länger zum Essen wie die Anderen.


    6.50 Uhr Andacht


    Ein Kind reißt ein Blatt vom Kallender ab, auf der die Tageslosung steht mit Erklärung und bringt sie der Schwester. Die liest es allen vor dazu auch die passenden Bibelstellen aus der Bibel.
    Danach ein kurzes Lied und ein Gebet


    Dankest dem Herrn,
    denn er ist freundlich
    und seine Güte währed ewiglich
    Amen


    Oh Mann, war das immer langweilig. Wir warteten eigentlich nur auf das Ende.



    7.00Uhr Das Amt
    Anschließend mußten wir unsere Ämter verrichten, die wir morgens, mittags und abends zu machen hatten.Und wehe wir machten das nicht korrekt, dann hatten wir schon zum 2. Mal am Tag Ärger. Natürlich haben wir es nicht oft geschafft keinen Ärger zu bekommen, denn was gut war bestimmten nicht wir, sondern die Schwester, oder die Praktikantin.
    Wir hatten jeweils eine Woche lang das gleiche Amt
    Immer im gleichen Wechsel musste einer von uns :


    1.) Alle Schuhe putzen 20 Paar (und wehe man putzte über den Dreck drüber)
    im Winter außerdem : alle Gummistifel in einem Eimerwaschen


    2.) Tische putzen, Geschirr ins Bad bringen, Wohnzimmer fegen und blocken


    3.) Die großen Holztreppen des Treppenhauses fegen und blocken


    4.) Toiletten putzen


    5.) Geschirr abwaschen für 20 Kinder
    6.) Geschirr abtrocknen für 20 Kinder


    7.) Flur fegen und bohnern


    8.) Waschbecken und Badewanne putzen, danach Boden nass wischen


    9.) Staubwischen


    10.) Schwesternbad putzen


    11.) Schwesternzimmer putzen


    12. Mädchenzimmer fegen und bohnern


    13.) Jungenzimmer fegen und bohnern



    (ab dem 9 Lebensjahr, jüngere blieben noch verschont. )
    Alle 2 Tage 5-7 10l-Eimer Kartoffeln in der Großküche schälen


    einmal wöchentlich nachmittags: zusätzlich zu den normalen Ämtern


    Montags (Waschtag)
    14.) Stofftaschentücher von allen im Becken mit der Hand auswaschen (Pfui)


    15.) Strümpfe von allen im Becken mit der Hand auswaschen (auch eklig) obwohl wir schon eine Waschmaschine im Waschkeller hatten


    Dienstags
    Wäsche aller 80 Kinder mit Schwester Maria aufhängen.


    Mittwochs
    Wäsche mangeln helfen in der Mangelstube


    Donnerstags
    Kaputte Wäsche stopfen und flicken


    Freitags
    war Großputztag, da wurden die Böden alle mit dem Schrubber geschrubbt, anschließend auf den Knien mit Bohnerwachs eingewachst und dann gebohnert bis es glänzte. Das war der anstrengendste Tag.


    Samstags
    Hof fegen, und Außengelände säubern


    Sonntags Kirche und Kindergottesdienst


    Alle 6 Wochen Betten beziehen, Fenster putzen, Schlafzimmer gründlich machen



    Wer erinnert sich noch daran???

    Hinweis:


    Der Forengeist beinhaltet mehrere Accounts von ehemaligen Teammitgliedern,
    die uns vor langer Zeit verlassen haben und welche viele Erstbeiträge von den Heimen erstellten.


    Es ist somit also ein reiner Systemaccount,
    hinter dem keine reale Person steht, die auf Beiträge oder PN´s antworten kann.


    Seht also bitte davon ab, dem Forengeist zu schreiben, da ihr keine Antwort erhalten werdet.

  • Hallo Christel,ich bin immer wieder erstaunt,das sich viele ehem.Heimkinder an fast alles Erinnern können.Leider habe ich kaum noch Erinnerungen an meine Heimzeit im SpezialkinderHeim Ernst-Schneller in Eilenburg.So geht es auch Marianne,die mir inzwischen eine ganz liebe Freundin geworden ist.Liebe Grüße Micky

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