Fürsorgeerziehungsheim in Biedenkopf - Staffelberg

  • Wer war im Fürsorgeerziehungsheim in Biedenkopf - Staffelberg? An was könnt ihr euch aus dieser Zeit erinnern? Hier könnt ihr über alles schreiben, was euch dazu einfällt.

    Hinweis:


    Der Forengeist beinhaltet mehrere Accounts von ehemaligen Teammitgliedern,
    die uns vor langer Zeit verlassen haben und welche viele Erstbeiträge von den Heimen erstellten.


    Es ist somit also ein reiner Systemaccount,
    hinter dem keine reale Person steht, die auf Beiträge oder PN´s antworten kann.


    Seht also bitte davon ab, dem Forengeist zu schreiben, da ihr keine Antwort erhalten werdet.

  • 1965 bis 67 war ich dort.
    Ich kam mit 14 Jahren dorthin,das war das Mindestalter.
    Das Höchstalter im Taunusheim war 12 Jahre.
    Die zwei Jahre dazwischen waren schlimm.
    Nachdem ich die Aufnahmeprüfung zur OSO,der Odenwaldschule als Zweitbester bestanden habe,
    ich mich dort nicht ein und unterordnen konnte,nach 2 Jahren Taunusheim ist man asozialisiert,
    wurde ich u.A. in der Jugendpsychiatrie der Universitätsklinik Frankfurt zwischen gelagert.
    Auch die Erwachsenenpsychiatrie durfte ich als Kind kennen lernen.
    Ich wurde mit ruhig gespritzt,auf eine Bahre geschnallt und mit einem Rettungswagen nach Biedenkopf verfrachtet.
    Meine Ankunft dort war spektakulär.
    Ich kam sofort in den "Karzer",eine Einzelzelle.
    Die ersten Tage realisierte ich gar nicht was geschah.
    Man wusste nicht was von mir zu halten war,also verblieb ich für ca. 6 Wochen im Karzer.
    Eine Isolationszelle,2/3 Zelle,1/3 Vorraum mit Waschbecken und Toilette.
    Abgetrennt durch ein Gitter wie es in amerikanischen Filmen zu sehen ist.
    Ich musste den ganzen Tag auf dem Hocker sitzen,Zuwiderhandlung wurde bestraft.
    Die Pritsche war fest in der Wand verankert,legte ich mich tagsüber hin,wurde für die folgende Nacht die Decke weg genommen.
    Das Fenster war aus Panzerglas,ließ sich logischerweise nicht öffnen und war von aussen mit weisser Farbe gestrichen.
    Lesestoff oder ein anderer Zeitvertreib war nicht vorgesehen.
    Drei Mahlzeiten am Tag,gebracht von Zöglingen,denen strengstens untersagt war mit mir zu sprechen,
    waren die einzigen Abwechslungen.
    Der Erzieher,Bartel,von dem noch zu sprechen sein wird,kam hin und wieder in den Karzer
    um mit mir zu sprechen,d.h. er versuchte es.
    Ich hatte mich total abgeschottet und gab keine Antworten.
    Das hat er einige Male hingenommen,dann fing er an zu schlagen.
    Was mich erst recht verstockt machte,Schläge war ich vom Taunusheim gewohnt.
    Das ging ca. 6 Wochen so,danach wurde ich zu den anderen Zöglingen gegeben.
    Und sofort zur Arbeit gezwungen.
    Davon später mehr,es gibt viele schlechte Erinnerungen an Staffelberg,
    ich könnte ein Buch schreiben.

  • Gut,weiter zur Arbeit in Staffelberg.
    Der geschlossenen Abteilung war eine Werkstatt angegliedert.
    Dort wurden Autositze montiert.
    Rahmen und Federn wurden getrennt angeliefert,
    wir mussten die Federn in die Rahmen eindrehen und verhaken.
    Eine simple und eintönige Arbeit,jedoch mit erhöhter Verletzungsgefahr.
    Die Federn waren eingefettet und es gab kaum einen Tag an dem ein Zögling sich nicht
    beim montieren der Feder verletzte.
    Zumeist kleine Fleischwunden,die wurden an Ort und Stelle behandelt
    und es wurde weiter gearbeitet.
    Der Arbeitszieher oder Aufseher kam von ausserhalb,er hatte mit den
    anderen Erziehern nichts zu tun,der kam,machte seine Stunden und ging.
    Von ihm hatten wir nichts zu befürchten,im Gegenteil,mitunter gab er
    eine Runde Zigarretten aus.
    Tabak und Zigarretten waren die Währung in Staffelberg,
    eine perfekte Vorbereitung auf Gefängnis oder Zuchthaus.
    Kommen wir zur Entlohnung für eine 40 Stundenwoche.
    Es wurde jedem Zögling ein Betrag von 5 DM gut geschrieben.
    Am Ende der Woche durfte man einen "Wunschzettel"einreichen,
    zur Auswahl standen Zigarretten(kein Tabak,nur "Aktive"),Kosmetik(Zahnpasta,Seife) so wie Schokolade.
    Zigarretten und Schokolade wurden mit dem Namen des jeweiligen Zöglings versehen
    und in einem Schrank weg gesperrt.
    Nach dem Mittagessen,der Arbeit und dem Abendessen rief der Erzieher:Rauchpause!
    Wir stellten uns an und jeder bekam aus seiner Packung eine Zigarette oder ein Riegel Schokolade.
    Feuer hatte nur der Erzieher.
    Sollte in der Werkstatt ein bestimmtes Pensum erreicht werden und es wurde erreicht,
    gab es eine Extra Rauchpause.
    Wer sich weigerte zu arbeiten wurde eingesperrt,nicht in den Karzer,sondern in seiner Zelle.
    Da fiel natürlich die Rauchpause weg.
    Später,in Bremen,bekam ich Taschengeld ohne jegliche Vorleistung von mir.
    Ich fragte nach und mir wurde gesagt,dieses Taschengeld kommt vom Jugendamt.
    Ich habe also für nix und wieder nix für den Landeswohlfahrtsverband Hessen gearbeitet.
    Da ist die Rentennachzahlung welche mir der Heimfond zuerkannt hat der reinste Hohn.
    Diese Arbeit habe ich bis zu meiner Verlegung in das "halboffene"Haus gemacht.

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