Demo in Münster

  • Landschaftsverband soll mehr zahlen
    Ehemalige Heimkinder demonstrieren für mehr Entschädigung


    21 ehemalige Heimkinder haben am Samstag in Münster höhere Entschädigungen vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) verlangt. Sie zogen in einer kurzen Demonstration vom Hauptbahnhof zum nahe gelegenen Sitz des Landschaftsverbandes.
    21 ehemalige Heimkinder haben am Samstag in Münster höhere Entschädigungen vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) verlangt. Sie zogen in einer kurzen Demonstration vom Hauptbahnhof zum nahe gelegenen Sitz des Landschaftsverbandes.
    (Foto: Marian Schäfer)



    Münster - Die Zahl der Demonstranten war unerwartet klein, der Unmut dafür umso größer: 21 ehemalige Heimkinder machten am Samstag ihrem Ärger Luft, marschierten vom Hauptbahnhof zum Landeshaus des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL).


    Sie demonstrierten für mehr Gerechtigkeit und Wiedergutmachung - und stellten LWL-Jugenddezernent Hans Meyer stellvertretend für den Landschaftsverband zur Rede. Der LWL hatte in den 50er und 60er Jahren die Aufsicht über insgesamt 100.000 Kinder. Viele von ihnen hatten unter sexualisierter Gewalt, Bildungsentzug und Zwangsarbeit zu leiden.



    Der LWL hatte bereits im vergangenen Jahr in einer Dokumentation sein Versagen zugegeben. LWL-Jugenddezernent Hans Meyer sagte am Samstag: „Wir erkennen Ihr Leid an und wir stellen uns unserer Verantwortung.“


    Der Bund, die (elf westdeutschen) Länder und die Kirchen haben die Vorschläge des "Runden Tisches Heimerziehung der 1950er und 1960er Jahre" aufgegriffen und werden gemeinsam bis Ende des Jahres 2011 einen Entschädigungsfonds über insgesamt 120 Millionen Euro einrichten (jeweils 40 Millionen Euro). Das Land NRW beteiligt sich an dem Fonds mit insgesamt rund neun Millionen Euro, von denen der LWL 1,5 Millionen Euro zahlen wird.



    Kinder im Duschraum des Martinistiftes in Nottuln (Kreis Coesfeld) in den 1960er Jahren. Statt einer pädagogischen Betreuung, die auf die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen ausgerichtet war, gab es oft eine bloße Massenabfertigung mit den Schwerpunkten Arbeit, Disziplinierung, Zucht und Ordnung.
    Kinder im Duschraum des Martinistiftes in Nottuln (Kreis Coesfeld) in den 1960er Jahren. Statt einer pädagogischen Betreuung, die auf die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen ausgerichtet war, gab es oft eine bloße Massenabfertigung mit den Schwerpunkten Arbeit, Disziplinierung, Zucht und Ordnung.
    (Foto: LWL)



    Die Heimkinder fühlen sich allerdings sprichwörtlich über den runden Tisch gezogen: "Von den 20 Vertretern, die an dem Tisch saßen, waren nur drei ehemalige Heimkinder, die gar nicht wussten, was sie da am Ende wirklich zustimmten", erklärte Demonstrationsleiter Reiner Klein.


    Viele empfinden die Summe als zu klein. "Allein im Martinistift Appelhülsen wurden von Kriegsende bis 1967 237 Millionen Mark erwirtschaftet“, nannte Klein ein Beispiel. Insgesamt sei eine Summe von mehreren Milliarden erwirtschaftet worden.


    Die Heimkinder fordern eine Summe von 54.000 Euro als Wiedergutmachung pro Betroffenen. Von rund 800.000 betroffenen Heimkindern in der Zeit sehen sie 300.000 als Berechtigte an.


    Die Vorwürfe der ehemaligen Heimkinder über Misshandlungen, Arbeit ohne Lohn, fehlende Bildung und Lieblosigkeit sind nach eigenen Angaben des LWL in den vergangenen Jahren immer lauter geworden. Sie betreffen den LWL gleich dreifach: Der LWL war als "Maßnahmeträger" erzieherisch und finanziell für rund die Hälfte (6.000 bis 9.000 Minderjährige jährlich) aller in Westfalen untergebrachten Kinder und Jugendlichen allein zuständig, er betrieb eigene Erziehungsheime und er war ab 1962 Träger der neu eingeführten Heimaufsicht.


    VON MARIAN SCHÄFER


    Quelle : BBV Münsterland

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