Beiträge von micky

    Ex-Heimkind will 1,6 Mio. Euro
    OÖ: Jenö Molnar wurde 18 Jahre lang in Heimen grausam gequält. Nun fordert er Entschädigung für "institutionalisiertes Unrecht".


    Letztes Update am 16.08.2011, 20:37


    Jenö Molnar Jenö Molnar reichte seine Klage am Dienstag im Landesgericht Linz ein. Er hatte 18 Jahre seiner Kindheit in Heimen verbracht.
    Eine lange Narbe ziert Jenö Molnars rechte Brustseite. Immer, wenn er sie sieht, muss er an den Vorfall vor 60 Jahren im Landeskinderheim Schloss Neuhaus denken. "Ich bin damals von der Erzieherin Schwester Margit bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen worden", erzählt Molnar.


    Er war fünf Jahre alt, der Anlass nichtig: der Kleine hatte nur ihren Befehl, seinen Mittagsschlaf zu halten, missachtet und war aufrecht im Bett gestanden. "Man brachte mich ins Sterbezimmer, weil mich die Ärzte schon aufgegeben hatten - dort bin ich aber wieder aufgewacht."


    6325 Tage musste Molnar in verschiedenen Heimen des Landes OÖ verbringen. Ein Lebensabschnitt, der für den fälschlicherweise als Vollwaisen geführten Buben (der KURIER berichtete) die Hölle bedeutete: Er wurde von älteren Kindern vergewaltigt und von Erziehern bei jeder Gelegenheit gedemütigt und schwerst misshandelt.
    "Ich bin mehrfach halb tot geprügelt worden und habe nur mit Glück überlebt", behauptet der 65-Jährige. Während der gesamten Kindheit soll ihm auch kein Vormund zur Seite gestellt worden sein.


    Die Vorfälle hat er auch Jahrzehnte später noch nicht verarbeitet. Der in Trier (Deutschland) lebende Ex-Zögling benötigt regelmäßig psychotherapeutische Unterstützung. "Die Traumatisierungen dauern bis heute an."


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    Klage


    Am Dienstag reichte der Sohn eines US-Besatzungssoldaten und einer vor der Roten Armee aus Ungarn nach Oberösterreich geflüchteten Volksdeutschen eine Schadenersatz- und Schmerzensgeldklage ein. Molnar und sein Wiener Anwalt Gabriel Lansky fordern vom Land mehr als 1,6 Millionen Euro.


    "Meine individuellen Menschenrechte sind jahrelang auf das Schwerste verletzt worden. Ich war das Opfer eines institutionell ausgeübten Unrechts", betont Molnar.
    Ein Vorwurf, den ein Gutachten des Zeitgeschichtlers Horst Schreiber von der Uni Innsbruck untermauert.


    Mit 18 Jahren wurde Molnar von der Landesfürsorge ohne Pass und Papiere einfach auf die Straße gesetzt. Als Staatenloser konnte er sich dann nur mit Schwarzarbeit über Wasser halten. "Ich habe Kohlen geschleppt und im Winter unter Brücken geschlafen, weil ich mir kein Zimmer leisten konnte."


    Auch in Deutschland lebte er lange als U-Boot. Aus der Zeit fehlen ihm Beiträge für die Rentenversicherung, die er nun ersetzt haben möchte.




    Quelle : Kurier

    POLITIK 15.08.2011
    Land Tirol will Missbrauchsopfer entschädigen
    Das Land Tirol will jetzt jene Missbrauchsopfer entschädigen, die in privaten Einrichtungen untergebracht waren und vom Betreiber nicht entschädigt werden. Betroffene hatten kritisiert, dass es vom Land keine Entschädigung gebe.


    Ehemaliges Kinderheim (Bild: ORF) Heim wurde vom Land finanziert
    Es sind mutmaßliche Missbrauchsfälle in einem früheren, privaten Kinderheim in Innsbruck, die zuletzt für Diskussionen gesorgt haben.


    Das Land Tirol stand zunächst auf dem Standpunkt, dass sich die Betroffenen an die Verantwortlichen bzw. die privaten Betreiber wenden müssten. Das private Heim wurde allerdings vom Land finanziert und die Kinder und Jugendlichen wurden von der Jugendwohlfahrt dort untergebracht.


    Günther Platter (Bild: ORF) Land Tirol will einspringen
    Am Montag verkündete Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), dass das Land in solchen Fällen einspringen werde: "Auch wenn es keine Landeseinrichtungen sind - wenn jetzt da und dort jene die Verantwortung gegenüber den Opfern nicht übernehmen und keine Entschädigungsleistungen machen, wie es die katholische Kirche in großartiger Weise macht, dann garantiere ich, dass das Land Tirol dann eintritt und diese Entschädigungen leistet. Das sind wir diesen Menschen schuldig", so Platter in seiner Rede bei den Landesfeierlichkeiten.

    tirol.ORF.at
    Das Land Tirol sieht sich mit Vorwürfen ehemaliger Heimkinder konfrontiert. In einem privaten aber vom Land finanzierten Heim seien sie misshandelt und missbraucht worden. Vom Land gebe es weder Entschädigung noch Therapien.
    Land Tirol in der Kritik; 11.8.11
    Hoher Frauentag: Land verleiht Ehrungen



    Quelle : tirol ORF.at

    Missbrauch und Kerkerhaft
    Zwang und harte Strafen in DDR-Heimen bis '89


    Bis in die 70er unterschieden sich die "Erziehungsmaßnahmen" von Ost- und Wetsdeutschland in Heimen kaum. Dann kam im Westen die Wende, die DDR blieb jedoch bis zum Ende bei ihren alten Methoden.


    Essenszwang und Kerkerhaft: Der Alltag in Kinder- und Jugendheimen in West- und Ostberlin unterschied sich nach einer neuen Studie bis in die 1970er Jahre hinein kaum - trotz völlig unterschiedlicher politischer Systeme. Mit dem Rückblick auf die Heimerziehung in ganz Berlin liegt die erste Untersuchung vor, die Ost und West gemeinsam in den Blick nimmt. Für ein Gesamtbild über Heimerziehung in der DDR fehle es weiter an Studien, sagt der Sozialpädagoge und Mitautor Manfred.
    Mehr zum Thema


    Tsunami-Waisen in Japan - Zukunft der Kinder ist ungewiss
    Buch birgt Zündstoff - Vermächtnis einer Jugendrichterin
    Kein Schmerzensgeld - Missbrauch im Beichtstuhl nicht zu beweisen


    Woran lag es, dass viele Heimkinder von den 50er bis in die 70er Jahre in West- und Ost-Berlin gleichermaßen misshandelt wurden?


    Kappeler: "Beide Systeme der Jugendhilfe haben dieselbe Geschichte. Sie fußt auf dem ersten großen Fürsorge-Erziehungsgesetz aus dem Jahr 1900. Damals wurde die sogenannte Verwahrlosten-Pädagogik festgeschrieben, die Besserung allein durch Zwang und harte Strafen vorsah. Diese Erziehung für Kinder und Jugendliche, die nicht den gesellschaftlichen Erwartungen entsprachen und fast alle aus der Unterschicht kamen, hat sich bruchlos bis in die NS-Zeit gehalten. Die Nazis haben mit ihren Jugendkonzentrationslagern dann nur noch eins draufgesetzt."


    Gab es denn keinerlei Reformideen hin zu individueller Fürsorge?


    Kappeler: "In der Weimarer Republik gab es Reformideen, aber das war eine Minderheitenposition. Nach 1945 wurde in beiden deutschen Staaten nicht die Möglichkeit ergriffen, sich an diesen positiven Ansätzen zu orientieren. In der DDR hat sich die tradierte repressive Pädagogik relativ schnell mit stalinistischen Erziehungsvorstellungen verbunden. In West und Ost ging es also unter völlig verschiedenen ideologischen Vorzeichen auf die gleiche Weise weiter. Aus den Erinnerungen ehemaliger Heimkinder der 50er und 60er Jahren kann man heute nicht rückschließen, in welchem Teil Deutschlands sie aufgewachsen sind. Ihre schrecklichen Erlebnisse bis hin zu sexuellem Missbrauch sind nahezu deckungsgleich. Es gibt nur einen Unterschied: In der Bundesrepublik gab es Anfang der 70er Jahre einen Wandel in Richtung Reform. In der DDR blieb das bis 1989 so."


    Für den Westen gab es den Runden Tisch Heimerziehung, dessen Abschlussbericht Anfang Juli den Weg für Entschädigungen frei gemacht hat. Weshalb wurden die Heime der DDR in dieser großen Untersuchung nicht berücksichtigt?


    Kappeler:"Nach der Wende 1989 wurde die Heimerziehung in der DDR in den Komplex Unrecht der SED-Diktatur einbezogen. Die Landgerichte haben die Aufgabe bekommen, für alle Geschädigten dieses Systems Rehabilitationsverfahren zu ermöglichen. Das hat dazu geführt, dass alle, die im Jugendwerkhof Torgau an der Elbe leben mussten, pauschal entschädigt worden sind. Denn in Torgau gab es nachweisbar systematische Menschenrechtsverletzungen. Damals wurde das als Signal verstanden, wie mit der Heimerziehung zu DDR-Zeiten umgegangen würde. Das war jedoch eine Fehleinschätzung"


    Warum?


    Kappeler: "Die Kammern haben danach nur rund zehn Prozent der Anträge ehemaliger Heimkinder anerkannt. Und zwar nur die, bei denen die Stasi bei der Heimunterbringung beteiligt war. Es ging also rein um politische Gründe, oft um Dissidenten oder Republikflüchtlinge. 90 Prozent der Anträge wurden abgelehnt. Nach massiver Kritik hat der Bundestag Anfang Juli den Beschluss gefasst, dass die Entschädigung von misshandelten Kindern und Jugendlichen aus Heimen der DDR nach dem gleichen Modell und den gleichen Maßstäben erfolgen muss wie in Westdeutschland. Das wird aber noch ein langer Weg, weil es noch keine systematische Untersuchung über das erlittene Unrecht in den Heimen der DDR gibt. Auch für Ost-Berlin kann die Studie erst ein Anfang sein."


    (dpa, N24)



    Quelle : N24

    Frankfurter Rundschau › Wissenschaft
    Heimkinder in West- und Ost-Berlin
    "Von den Schlägen will ich gar nicht reden"


    Im Berliner Abgeordnetenhaus ist der Abschlussbericht zur „Heimerziehung in Berlin - West 1945 - 1975, Ost 1945 -1989“ vorgestellt worden. Die Kernbotschaft: In beiden Stadthälften standen Schläge und auch sexuelle Übergriffe auf der Tagesordnung.
    Liane Mueller-Knuth wollte aus dem Leben scheiden.
    Liane Mueller-Knuth wollte aus dem Leben scheiden.
    Foto: DAPD/B. Stadler


    Mehr als fünf Jahrzehnte lang hat Liane Mueller-Knuth geschwiegen. Jetzt spricht die Frau mit den blonden Haaren erstmals öffentlich über ihre Zeit in einem Kinderheim in der DDR Ende der 50er-Jahre. Im Sankt Josefsheim in Birkenwerder bei Berlin, von Schwestern des Karmeliter-Ordens geführt, wurde sie demütigt, bei geringsten Vergehen in die Besenkammer eingesperrt, mit Schlägen bestraft und, wie sie sagt, auch sexuell missbraucht. Davon wolle sie eigentlich gar nicht reden, sagt die 63-jährige Frau und ringt um Fassung. „Und ich habe nie erfahren, wieso ich überhaupt dorthin gekommen bin.“ Denn ihre Mutter habe darüber nie gesprochen.


    Liane Mueller-Knuth äußerte sich erst jetzt in der Berliner Senatsjugendverwaltung. Denn am Freitag wurde der Abschlussbericht zur „Heimerziehung in Berlin - West 1945 - 1975, Ost 1945 -1989“ vorgestellt, den das Abgeordnetenhaus im November 2010 in Auftrag gegeben hatte.


    Die Kernbotschaft: In beiden Stadthälften waren Heimkinder im beschriebenen Zeitraum den Erziehern total ausgeliefert, der Alltag extrem reglementiert, die eingesetzten Erzieher gingen in der Regel lieblos mit den Kindern um. Drakonische Bestrafungsaktionen, Schläge und auch sexuelle Übergriffe waren an der Tagesordnung.


    Aufgrund der miserablen Situation in West-Berlin rissen in den 60er-Jahren zwischen 25 und 70 Prozent der jungen Menschen aus ihren jeweiligen Heimen aus, wie Jürgen Gries, Sozialwissenschaftler von der Katholischen Hochschule für Soziallehre Berlin, herausgefunden hat. 50 Prozent der Heimmitarbeiter im Westteil der Stadt waren ohne jegliche Ausbildung, der Rest oft „unzureichend ausgebildet“.


    Die Kinder wechselten häufig die Heime – aus Altersgründen oder weil nicht hinreichend diagnostiziert wurde, welche Hilfe die Kinder brauchten, wie Gries ausführt. Statt Hausaufgaben mussten Kinder oft auch Arbeiten verrichten. Gut 40 Prozent der Heime in West-Berlin waren staatlich, 60 Prozent von freien Trägern geleitet. Vielen Kindern, die zumeist aus der Unterschicht kamen, war gar nicht klar, wieso sie in ein Heim kamen. Bis 1961 wurden West-Berliner Kinder per Gerichtsbeschluss in ein Heim eingewiesen. Begründet wurde die Einweisung oft mit einer angeblich sittlichen oder charakterlichen Verwahrlosung.


    Für Ost-Berliner Kinder gab es bis zu 2 500 Heimplätze sowie 1 150 Plätze in Spezialheimen und 900 Plätze in Jugendwerkhöfen, sagt Karsten Laudien von der Evangelischen Hochschule Berlin. Hier waren alle Heime bis auf zwei kirchliche Einrichtungen in staatlicher Hand, seit 1953 dem Ministerium für Volksbildung unterstellt. „Man ging in der DDR davon aus, dass soziale Probleme ein Probleme der kapitalistischen Welt sind“, sagt Laudien. Deshalb sah man Kinderheime als „Übergangsphänomen“. Doch das geschlossene System der autoritär geführten Kinderheime blieb bis zum Ende der DDR 1989 erhalten.


    In West-Berlin kam es mit der Studentenrevolte 1968 zu einem Umdenken. Die von reformpädagogisch orientierten Studenten betriebene „Heimkampagne“, die auch von der späteren RAF-Terroristin Ulrike Meinhof unterstützt wurde, erreichte schließlich die weitgehende Auflösung der geschlossenen Heime.


    In West-Berlin gab es fortan auch Jugendwohngemeinschaften und andere Formen der Unterbringung. Der Erzieherberuf wandelte sich komplett, selbst ehemalige Heimkinder wie Marianne Döring arbeiteten nun gerade aufgrund ihrer Erfahrungen mit viel Empathie als Erzieher.


    Fürs Leben geprägt


    Doch die Jahre im Heim hatten die betroffenen Menschen für ihr Leben geprägt. Liane Mueller-Knuth unternahm mehrere Selbstmordversuche, musste ihre Arbeit als Erzieherin aufgeben, arbeite zeitweise in der Gastronomie, zuletzt als Altenpflegerin. Viele Jahre war sie nahezu bindungsunfähig, Beziehungen gingen in die Brüche. Heute ist sie glücklich verheiratet.


    „69 Jahre lang bin ich mit einem Minderwertigkeitskomplex und einer ausgeprägten Autoritätshörigkeit durchs Leben gelaufen“, sagt auch das ehemalige Heimkind Marianne Döring, die über ihre Erfahrung ein Buch geschrieben hat (“Winter im Herzen“). „Und wir alle haben Angst vor Altersarmut“, sagt Liane Mueller-Knuth, weil viele Heimkinder nicht lebenslang gearbeitet haben oder nur als gering Qualifizierte.


    Die Berliner Regionalgruppe ehemaliger Heimkinder hofft deshalb auf einen Rentenausgleich. Und die ehemaligen DDR-Heimkinder hoffen auf eine noch immer ausstehende Entschädigung. Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) kündigte an, dass – ähnlich wie bereits für die westlichen Bundesländer geschehen – „relativ zeitnah“ ein Entschädigungsfonds aufgelegt werden sollte.
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    Quelle : Frankfurter Rundschau

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    Ehemalige Heimkinder fordern Unterstützung und Rechtsbeistand
    Ehemalige Heimkinder fordern Unterstützung und Rechtsbeistand
    Viele der heute alten Menschen verfuegen nur ueber Renten in Hoehe von 500 bis 600 Euro © dapd
    Berlin (dapd-bln). Frühere Heimkinder aus Berlin fordern eine parteiliche und rechtliche Hilfe bei der Durchsetzung ihrer Entschädigung- und Rentenansprüche. Diese Unterstützung sei wichtig für ein selbstbestimmtes Leben im Alter, hieß es in einer Mitteilung der Berliner Regionalgruppe ehemaliger Heimkinder. Viele der heute alten Menschen verfügten nur über Renten in Höhe von 500 bis 600 Euro. Eine am Freitag von der Bildungsverwaltung veröffentlichte Studie ergibt, dass Heimkinder nach dem Zweiten Weltkrieg in beiden Teilen Berlins über Jahrzehnte hinweg psychisch und physisch misshandelt wurden.
    dapd


    Quelle : BerlinOnline

    Entschädigungen
    Missbrauch in Heimen: 310 Fälle in Wien
    09. August 2011 19:04


    Artikelbild: Viele ehemalige Schützlinge der Wiener Jugendwohlfahrt leiden bis heute an den Folgen von Missbrauch. Bereit, darüber zu reden, sind derzeit wesentlich mehr Männer als Frauen. - Foto: Heribert Corn


    Viele ehemalige Schützlinge der Wiener Jugendwohlfahrt leiden bis heute an den Folgen von Missbrauch. Bereit, darüber zu reden, sind derzeit wesentlich mehr Männer als Frauen.


    Die Stadt Wien hat zwei Millionen Euro an Entschädigungszahlungen für ehemalige Heimkinder bereitgestellt. 1,6 Millionen wurden bereits ausbezahlt – Auch nach Ende der Frist melden sich weiterhin Betroffene


    Wien - Über ein Jahr lang konnten sich ehemalige Schützlinge der Wiener Jugendwohlfahrt an den Operschutzverband Weißer Ring wenden. Für manche Missbrauchsopfer war das zu wenig Zeit. "Ich habe sehr lange gebraucht, bis ich es endlich gewagt habe", sagt ein Betroffener zum Standard, "und als ich mich dann aufraffen konnte, hieß es, die Frist sei schon abgelaufen." Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung hat er möglicherweise trotzdem.


    Denn laut Kinder- und Jugendstadtrat Christian Oxonitsch (SP) will die Stadt Wien auch jene Fälle prüfen, die nach dem 30. Juni einlangen. 310 Menschen, die in städtischen Kinderheimen physischer, psychischer oder sexueller Gewalt ausgesetzt waren, haben sich bisher gemeldet. Der älteste Fall stammt aus dem Jahr 1944. "Einige wollten zuerst anonym bleiben", sagt Marianne Gammer, Geschäftsführerin beim Weißen Ring, "und brauchten mehrere Anläufe, bis sie ihre Identität preisgaben."


    Wie viele Menschen betroffen sein könnten, ist laut Jugendamt schwer zu beziffern - zumal man nicht einmal weiß, wie viele Kinder in den letzten 60 Jahren in städtischer Obhut waren. Genaue Zahlen gibt es erst ab den Siebzigern: 1970 waren es 1881, zehn Jahre später 2235. Dabei waren Buben meist in der Überzahl. Laut Gammer melden sich aber auch vor diesem Hintergrund überproportional viele Männer: "Es gibt einen deutlichen Überhang."


    Systematische Aufarbeitung


    Missbrauchsopfer, die in öffentlichen Heimen untergebracht waren, berichten laut Gammer meist von körperlicher und psychischer Gewalt. "Bei kirchlichen Einrichtungen geht es viel öfter um sexuellen Missbrauch." Allerdings habe auch in städtischen Einrichtungen sexualisierte Gewalt stattgefunden. Ein Großteil der Wiener Waisenhäuser, in denen es zu den Übergriffen kam, existiert nicht mehr. Statt wenigen großen gibt es heute viele kleine Betreuungseinrichtungen. Kleinkinder versucht man von Anfang an in Pflegefamilien unterzubringen. Eine Historikerkommission beschäftigt sich gerade im Auftrag der Stadt mit der Geschichte der Wiener Jugendwohlfahrt.


    Bürgermeister Michael Häupl (SP) hat sich bereits öffentlich bei den Missbrauchsopfern entschuldigt. Nach einem Gemeinderatsbeschluss stellte die Stadt zwei Millionen Euro für Entschädigungszahlungen und Psychotherapien bereit, 1,6 Millionen wurden bereits ausgegeben.


    Entschädigungen zwischen 5000 und 20.000 Euro


    Wer wie viel Geld bekommt, entscheidet ein achtköpfiges Gremium aus Psychologen und Juristen nach Rücksprache mit der Stadt. Die Zahlungen bewegen sich zwischen 5000 und 20.000 Euro. "Mir geht es nicht ums Geld", sagt ein Betroffener, "sondern darum, dass die Geschichte der Heimkinder endlich aufgearbeitet wird - denn es laufen in Wien noch sehr viele Leute herum, die erlebt haben, was ich erlebt habe."


    Bisher bewege sich die Aufarbeitung auf bürokratischer Ebene. "Es wird einem gesagt, wir beraten darüber, was dir zusteht, und geben dir dann Bescheid. Das ist genau das, was ich mein halbes Leben lang gehört habe. " (Martina Stemmer, DER STANDARD, Printausgabe, 10.8.2011)



    Quelle : der Standard Panorama Wien

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    Ehemalige Heimkinder fordern Unterstützung und Rechtsbeistand
    Viele der heute alten Menschen verfuegen nur ueber Renten in Hoehe von 500 bis 600 Euro © dapd
    Berlin (dapd-bln). Frühere Heimkinder aus Berlin fordern eine parteiliche und rechtliche Hilfe bei der Durchsetzung ihrer Entschädigung- und Rentenansprüche. Diese Unterstützung sei wichtig für ein selbstbestimmtes Leben im Alter, hieß es in einer Mitteilung der Berliner Regionalgruppe ehemaliger Heimkinder. Viele der heute alten Menschen verfügten nur über Renten in Höhe von 500 bis 600 Euro. Eine am Freitag von der Bildungsverwaltung veröffentlichte Studie ergibt, dass Heimkinder nach dem Zweiten Weltkrieg in beiden Teilen Berlins über Jahrzehnte hinweg psychisch und physisch misshandelt wurden.
    dapd


    Quelle : Berlin Online

    Mitteldeutschland
    Prügel statt Liebe: Studie stellt Erinnerungen ostdeutscher Heimkinder vor
    Ulrike von Leszczynski, dpa
    Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) hält am Freitag in Berlin eine Studie über Heimerziehung in Ost und West in der Hand. Foto: dpa Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) hält am Freitag in Berlin eine Studie über Heimerziehung in Ost und West in der Hand.
    Berlin. Die oft schrecklichen Erinnerungen an Kinderheime in der jungen Bundesrepublik sind bekannt. In einer neuen Studie für Berlin gerät auch Ostdeutschland näher in den Blick - mit überraschenden Ergebnissen.


    Die quälenden Erinnerungen kriechen immer wieder hoch: nicht sprechen, nicht lachen, das eigene Erbrochene zur Strafe aufessen. Dann gibt es das beklemmende Gefühl des Eingesperrtseins, in der Besenkammer eines Kinderheims in der DDR. Liane Müller-Kurth kann darüber auch heute noch nur schwer sprechen, mit über 60 Jahren. „Ein Heimkind gewesen zu sein, ist eine Lebenslast", sagt sie. Trotzdem gibt sie Leid und Unrecht in einer neue Berliner Studie Gesicht und Stimme. Sie will für andere ehemalige Heimkinder sprechen, die an ihrer Biografie leiden - und aus Scham darüber schweigen.


    Die neue Berliner Untersuchung - am Freitag vorgestellt - ist die erste, die Heimerziehung in West und Ost von 1945 bis Mitte der 70er Jahre parallel in den Blick nimmt. Bisher gab es bis auf den DDR-Jugendwerkhof in Torgau an der Elbe fast nur erschütternde Zeitzeugenberichte über die demütigende Erziehung in manchen Heimen der jungen Bundesrepublik. Die Aufarbeitung für die DDR fehlt noch.


    Das Ergebnis dieser ersten Gegenüberstellung kann überraschen: In völlig unterschiedlichen politischen Systemen haben viele Berliner Kinder und Jugendliche bis in die 70er Jahre gleichermaßen unter unmenschlicher Heimerziehung gelitten. Danach gab es im Westen Reformen. Der Osten habe sich weiter an den grausamen Fürsorge- Richtlinien des späten 19. Jahrhundert orientiert, kombiniert mit stalinistischen Erziehungsidealen, sagt Mitautor Manfred Kappeler.


    Der Berliner Blick nach West und Ost kann bei Entschädigungsansprüchen eine Rolle spielen. Denn bisher ist nur ein 120-Millionen-Euro-Fonds für ehemalige Heimkinder aus Westdeutschland festgeschrieben. In Ostdeutschland wurden nach 1989 fast nur Heimkinder entschädigt, die aus politischen Gründen - oft mit Beteiligung der Stasi - in ein Heim gekommen waren. „Für den Osten bietet sich ein Extra-Fonds an", sagt nun Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD). Die Studie könne nur ein Anfang sein.


    800.000 Heimkinder soll es in Westdeutschland bis 1975 gegeben haben, rund 120.000 bis 1989 in der DDR. Rund zwei Drittel von ihnen waren Jungen. Längst nicht alle wurden misshandelt. Die Erinnerungen vieler Heimkinder aus West- und Ostberlin lesen sich allerdings schlimmer als Berichte aus Gefängnissen des 19. Jahrhunderts. „Im Knast hätte man Rechte gehabt", schreibt ein Mann im Rückblick.


    Willkürlich wurden Kinder wie Verwaltungsobjekte in Heime gesteckt - meist ohne Sozialprognose, Erziehungsplan und Mitspracherecht. Als Gründe dienten in Ost wie West dehnbare Begriffe wie „Verwahrlosung" oder „Gefährdung". Manchmal steckten sogar die Eltern dahinter. Stiefväter zum Beispiel, die unliebsame Kinder loswerden wollten.


    Die Sexualmoral der Zeit lastete vor allem auf Mädchen. „Da reichte manchmal schon ein kurzer Rock und eine Moped-Rundfahrt mit einem Jungen nach zehn Uhr abends für eine Heimeinweisung", berichtet Kappeler. Bei Jungen hätten es lange Haare und ein Faible für die Musik der Beatles sein können. In der DDR habe jede Jugendkultur als verdächtig gegolten, die außerhalb der FDJ stattfand.


    Für Ost-Berlin habe das Heim automatisch Umerziehung bedeutet, analysiert Ethikprofessor Karsten Laudien. Pädagogik sei ein Mittel des Klassenkampfs gewesen, die Kollektiverziehung als einzig richtiger Weg erachtet worden - ganz gleich, welche sozialen Probleme Familien hatten. Der Heimalltag aber war im geteilten Berlin verblüffend ähnlich: Viele Kinder- und Jugendheime funktionierten wie Kasernen. Aufbegehren führte zu drakonischen Bestrafungen wie Bettfesseln, Zwangsjacken, Prügel und Kerker.


    In vielen Heimen fehlte es an allem: an hilfreichen Kontrollen, gut ausgebildeten Erziehern, Bezugspersonen, guter Ausbildung - vor allem aber an Liebe. Ehemalige Heimkinder erinnern sich an ein Ausnutzen als Billig-Arbeitskräfte, an Isolation hinter Gittern, Kontaktverbote zu Eltern und Geschwistern. Viele quälte die Frage: Warum bin ich hier? Wer hat mir das angetan?


    Manche Betroffene werden das nicht mehr erfahren. Oft wurden Akten in Ost und West schlampig oder gar nicht geführt, manchmal auch zurückgehalten. „Meine Mutter hat das alles mit ins Grab genommen", berichtet Liane Müller-Kurth. Das Unwissen quält sie.


    Viele ehemalige Heimkinder klagen heute über Angstattacken und Traumata. Die meisten schafften es nicht, eine dauerhafte Partnerschaft aufzubauen. Mütter bedauern, dass sie ihren Kindern nicht liebevoll erzogen - aus Mangel an guten Vorbildern.

    © LVZ-Online, 06.08.2011, 10:59 Uhr

    Zwischen 1945 und 1975
    Misshandelte Heimkinder sollen entschädigt werden
    Samstag, 6. August 2011 08:36 - Von Ina Brzoska


    Auch für DDR-Heimkinder, die misshandelt wurden, plant Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) eine finanzielle Entschädigung. Zudem soll in der Hauptstadt eine Beratungsstelle für Opfer eingerichtet werden.
    Vorstellung der Studie "Heimerziehung in Berlin"
    Foto: dapd/DAPD
    Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) plant, auch ostdeutsche Heimkinder, die misshandelt wurden, zu entschädigen. In seinen Händen hält er ein Exemplar der Studie "Heimerziehung in Berlin - West 1954-1975, Ost 1945-1989"


    Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) plant, auch ostdeutsche Opfer der Heimerziehung finanziell zu entschädigen. Dazu sollen „ähnlichen Instrumente“ zum Tragen kommen, wie diese bereits für Betroffene in den alten Bundesländer beschlossen seien, sagte er am Freitag.


    Anlass für Zöllners Vorstoß ist die Vorstellung der Studie „Heimerziehung in Berlin – West 1954-1975, Ost 1945-1989“. Sie beleuchtet und vergleicht die Erziehungspraxis in Heimen während der deutschen Teilung. Vor allem was Einrichtungen in der DDR betrifft, näherten sich die Experten einem noch größtenteils unaufgearbeiteten Geschichtskapitel. Erste Forschungsergebnisse zeigen, dass Kinder in Ostberliner Einrichtungen vergleichbare, grausame Erlebnisse geschildert haben, wie sie bisher aus Westberliner Kinderheimen bekannt geworden waren. Durch Stasi-Unterlagen, Erinnerungsliteratur und neue Medienberichte hätten sich neue Forschungsmöglichkeiten aufgetan, die nun genutzt wurden.


    Die 256-Seiten-starke Studie vereint drastische Schilderungen in Betroffenen-Protokollen und wissenschaftliche Analysen von Psychologen, Pädagogen oder Politikwissenschaftlern. Anders als in den alten Bundesländern seien in Berlin die Mehrzahl der betroffenen Kinder und Jugendlichen in öffentlichen Einrichtungen untergebracht gewesen, sagte der Berliner Soziologe Jürgen Gries. 800.000 Heimkinder gab es in Westdeutschland (1945-1975) und 120.000 in der DDR (1945-1989).
    Isolation, Übergriffe, Schläge


    Die Studie dokumentiert viele dramatische Fälle aus staatlichen und kirchlichen Einrichtungen. Von Essenszwang, Isolation, sexuellen Übergriffen, Redeverbot oder Schlägen ist die Rede. Laut Studie leiden bis heute fast alle Betroffene unter den psychischen Folgen der Misshandlungen. Genannt werden viele Einrichtungen, unter anderem das Kinderheim Königsheide, der Jugendwerkhof Schenkendorf bei Königs-Wusterhausen, das Paul-Wenzel-Heim in Wannsee oder das Haus Conradshöhe in Tegel.


    „Die Zusammenstellung der Situation in Berliner Heimen in West und Ost ist erst der Beginn der Aufarbeitung“, sagte Zöllner. Der Bericht sei ein „erster Versuch der Annäherung“ an diese schwierige Thematik. Keineswegs erhebe er den Anspruch der „objektiven Gesamtaufarbeitung“. Der differenzierte Blick auf West und Ost sei wichtig. Es gebe eine „gemeinsame Überschrift“, aber doch sehr unterschiedliche Verhältnisse.
    Auch ein Fonds für den Osten


    Zöllner resümierte: Die gesellschaftliche Entwicklung in der Jugendhilfe in Ost und West verlief unterschiedlich, dennoch finde sich viel Vergleichbares, was erlittenes Leid und Unrecht des Einzelnen im Alltag der Heimerziehung angeht. Berlin will deshalb eine „Stelle zur Information, Beratung und Unterstützung ehemaliger Heimkinder“ einrichten. Die Erkenntnisse sollen bei der Entschädigung berücksichtigt werden. „Auch für den Osten bietet sich ein Fonds an“, sagte Zöllner.


    Mehr zum Thema
    Morgenpost Online


    Heimkinder in Ost- und West-Berlin misshandelt
    Missbrauchte DDR-Heimkinder werden entschädigt
    Ehemalige Heimkinder bemängeln "Runden Tisch"


    Für Westdeutsche Opfer wurde das Recht auf Entschädigung bereits auf den Weg gebracht. Am 7. Juli hat der Bundestag eine Entschädigungsmöglichkeit für ehemalige deutsche Heimkinder auf den Weg gebracht. Sie geht auf die Initiative ehemaliger Heimkinder zurück, die sich 2006 an den Petitionsausschuss des Bundestages gewandt hatten. Sie gilt für Kinder und Jugendliche, die im Westen zwischen 1949 und 1975 in kommunalen und kirchlichen Einrichtungen Unrecht und Misshandlung erlebt haben. Die Entschädigung soll über einen bundesweiten Fonds in Höhe von 120 Millionen Euro finanziert werden. Zöllner fordert, dass die Entschädigung für Betroffene aus dem Osten nach dem gleichen Modell und nach den gleichen Maßstäben erfolgen solle.


    Der Staatssekretär im Familienministerium, Josef Hecken (CDU), hatte bereits angekündigt, dass die Gespräche zwischen der Regierung, den Ländern und den Kirchen vor dem Abschluss stünden. Bis Anfang 2012 werde man Regelungen zur Entschädigung getroffen haben. Zeitgleich werde die Regierung einen Gesetzentwurf einbringen, der die Nichtanrechnung der Entschädigung auf Sozialleistungen garantiere.



    Quelle : Berliner Morgenpost

    Missbrauch und Kerkerhaft
    Zwang und harte Strafen in DDR-Heimen bis '89


    Bis in die 70er unterschieden sich die "Erziehungsmaßnahmen" von Ost- und Wetsdeutschland in Heimen kaum. Dann kam im Westen die Wende, die DDR blieb jedoch bis zum Ende bei ihren alten Methoden.


    Essenszwang und Kerkerhaft: Der Alltag in Kinder- und Jugendheimen in West- und Ostberlin unterschied sich nach einer neuen Studie bis in die 1970er Jahre hinein kaum - trotz völlig unterschiedlicher politischer Systeme. Mit dem Rückblick auf die Heimerziehung in ganz Berlin liegt die erste Untersuchung vor, die Ost und West gemeinsam in den Blick nimmt. Für ein Gesamtbild über Heimerziehung in der DDR fehle es weiter an Studien, sagt der Sozialpädagoge und Mitautor Manfred.
    Mehr zum Thema


    Tsunami-Waisen in Japan - Zukunft der Kinder ist ungewiss
    Buch birgt Zündstoff - Vermächtnis einer Jugendrichterin
    Kein Schmerzensgeld - Missbrauch im Beichtstuhl nicht zu beweisen


    Woran lag es, dass viele Heimkinder von den 50er bis in die 70er Jahre in West- und Ost-Berlin gleichermaßen misshandelt wurden?


    Kappeler: "Beide Systeme der Jugendhilfe haben dieselbe Geschichte. Sie fußt auf dem ersten großen Fürsorge-Erziehungsgesetz aus dem Jahr 1900. Damals wurde die sogenannte Verwahrlosten-Pädagogik festgeschrieben, die Besserung allein durch Zwang und harte Strafen vorsah. Diese Erziehung für Kinder und Jugendliche, die nicht den gesellschaftlichen Erwartungen entsprachen und fast alle aus der Unterschicht kamen, hat sich bruchlos bis in die NS-Zeit gehalten. Die Nazis haben mit ihren Jugendkonzentrationslagern dann nur noch eins draufgesetzt."


    Gab es denn keinerlei Reformideen hin zu individueller Fürsorge?


    Kappeler: "In der Weimarer Republik gab es Reformideen, aber das war eine Minderheitenposition. Nach 1945 wurde in beiden deutschen Staaten nicht die Möglichkeit ergriffen, sich an diesen positiven Ansätzen zu orientieren. In der DDR hat sich die tradierte repressive Pädagogik relativ schnell mit stalinistischen Erziehungsvorstellungen verbunden. In West und Ost ging es also unter völlig verschiedenen ideologischen Vorzeichen auf die gleiche Weise weiter. Aus den Erinnerungen ehemaliger Heimkinder der 50er und 60er Jahren kann man heute nicht rückschließen, in welchem Teil Deutschlands sie aufgewachsen sind. Ihre schrecklichen Erlebnisse bis hin zu sexuellem Missbrauch sind nahezu deckungsgleich. Es gibt nur einen Unterschied: In der Bundesrepublik gab es Anfang der 70er Jahre einen Wandel in Richtung Reform. In der DDR blieb das bis 1989 so."


    Für den Westen gab es den Runden Tisch Heimerziehung, dessen Abschlussbericht Anfang Juli den Weg für Entschädigungen frei gemacht hat. Weshalb wurden die Heime der DDR in dieser großen Untersuchung nicht berücksichtigt?


    Kappeler:"Nach der Wende 1989 wurde die Heimerziehung in der DDR in den Komplex Unrecht der SED-Diktatur einbezogen. Die Landgerichte haben die Aufgabe bekommen, für alle Geschädigten dieses Systems Rehabilitationsverfahren zu ermöglichen. Das hat dazu geführt, dass alle, die im Jugendwerkhof Torgau an der Elbe leben mussten, pauschal entschädigt worden sind. Denn in Torgau gab es nachweisbar systematische Menschenrechtsverletzungen. Damals wurde das als Signal verstanden, wie mit der Heimerziehung zu DDR-Zeiten umgegangen würde. Das war jedoch eine Fehleinschätzung"


    Warum?


    Kappeler: "Die Kammern haben danach nur rund zehn Prozent der Anträge ehemaliger Heimkinder anerkannt. Und zwar nur die, bei denen die Stasi bei der Heimunterbringung beteiligt war. Es ging also rein um politische Gründe, oft um Dissidenten oder Republikflüchtlinge. 90 Prozent der Anträge wurden abgelehnt. Nach massiver Kritik hat der Bundestag Anfang Juli den Beschluss gefasst, dass die Entschädigung von misshandelten Kindern und Jugendlichen aus Heimen der DDR nach dem gleichen Modell und den gleichen Maßstäben erfolgen muss wie in Westdeutschland. Das wird aber noch ein langer Weg, weil es noch keine systematische Untersuchung über das erlittene Unrecht in den Heimen der DDR gibt. Auch für Ost-Berlin kann die Studie erst ein Anfang sein."


    (dpa, N24)


    05.08.2011 16:39 Uhr



    Quelle : N 24

    Frankfurter Rundschau › Wissenschaft
    Heimkinder in West- und Ost-Berlin
    "Von den Schlägen will ich gar nicht reden"


    Im Berliner Abgeordnetenhaus ist der Abschlussbericht zur „Heimerziehung in Berlin - West 1945 - 1975, Ost 1945 -1989“ vorgestellt worden. Die Kernbotschaft: In beiden Stadthälften standen Schläge und auch sexuelle Übergriffe auf der Tagesordnung.
    Liane Mueller-Knuth wollte aus dem Leben scheiden.
    Liane Mueller-Knuth wollte aus dem Leben scheiden.
    Foto: DAPD/B. Stadler


    Mehr als fünf Jahrzehnte lang hat Liane Mueller-Knuth geschwiegen. Jetzt spricht die Frau mit den blonden Haaren erstmals öffentlich über ihre Zeit in einem Kinderheim in der DDR Ende der 50er-Jahre. Im Sankt Josefsheim in Birkenwerder bei Berlin, von Schwestern des Karmeliter-Ordens geführt, wurde sie demütigt, bei geringsten Vergehen in die Besenkammer eingesperrt, mit Schlägen bestraft und, wie sie sagt, auch sexuell missbraucht. Davon wolle sie eigentlich gar nicht reden, sagt die 63-jährige Frau und ringt um Fassung. „Und ich habe nie erfahren, wieso ich überhaupt dorthin gekommen bin.“ Denn ihre Mutter habe darüber nie gesprochen.


    Liane Mueller-Knuth äußerte sich erst jetzt in der Berliner Senatsjugendverwaltung. Denn am Freitag wurde der Abschlussbericht zur „Heimerziehung in Berlin - West 1945 - 1975, Ost 1945 -1989“ vorgestellt, den das Abgeordnetenhaus im November 2010 in Auftrag gegeben hatte.


    Die Kernbotschaft: In beiden Stadthälften waren Heimkinder im beschriebenen Zeitraum den Erziehern total ausgeliefert, der Alltag extrem reglementiert, die eingesetzten Erzieher gingen in der Regel lieblos mit den Kindern um. Drakonische Bestrafungsaktionen, Schläge und auch sexuelle Übergriffe waren an der Tagesordnung.


    Aufgrund der miserablen Situation in West-Berlin rissen in den 60er-Jahren zwischen 25 und 70 Prozent der jungen Menschen aus ihren jeweiligen Heimen aus, wie Jürgen Gries, Sozialwissenschaftler von der Katholischen Hochschule für Soziallehre Berlin, herausgefunden hat. 50 Prozent der Heimmitarbeiter im Westteil der Stadt waren ohne jegliche Ausbildung, der Rest oft „unzureichend ausgebildet“.


    Die Kinder wechselten häufig die Heime – aus Altersgründen oder weil nicht hinreichend diagnostiziert wurde, welche Hilfe die Kinder brauchten, wie Gries ausführt. Statt Hausaufgaben mussten Kinder oft auch Arbeiten verrichten. Gut 40 Prozent der Heime in West-Berlin waren staatlich, 60 Prozent von freien Trägern geleitet. Vielen Kindern, die zumeist aus der Unterschicht kamen, war gar nicht klar, wieso sie in ein Heim kamen. Bis 1961 wurden West-Berliner Kinder per Gerichtsbeschluss in ein Heim eingewiesen. Begründet wurde die Einweisung oft mit einer angeblich sittlichen oder charakterlichen Verwahrlosung.


    Für Ost-Berliner Kinder gab es bis zu 2 500 Heimplätze sowie 1 150 Plätze in Spezialheimen und 900 Plätze in Jugendwerkhöfen, sagt Karsten Laudien von der Evangelischen Hochschule Berlin. Hier waren alle Heime bis auf zwei kirchliche Einrichtungen in staatlicher Hand, seit 1953 dem Ministerium für Volksbildung unterstellt. „Man ging in der DDR davon aus, dass soziale Probleme ein Probleme der kapitalistischen Welt sind“, sagt Laudien. Deshalb sah man Kinderheime als „Übergangsphänomen“. Doch das geschlossene System der autoritär geführten Kinderheime blieb bis zum Ende der DDR 1989 erhalten.


    In West-Berlin kam es mit der Studentenrevolte 1968 zu einem Umdenken. Die von reformpädagogisch orientierten Studenten betriebene „Heimkampagne“, die auch von der späteren RAF-Terroristin Ulrike Meinhof unterstützt wurde, erreichte schließlich die weitgehende Auflösung der geschlossenen Heime.


    In West-Berlin gab es fortan auch Jugendwohngemeinschaften und andere Formen der Unterbringung. Der Erzieherberuf wandelte sich komplett, selbst ehemalige Heimkinder wie Marianne Döring arbeiteten nun gerade aufgrund ihrer Erfahrungen mit viel Empathie als Erzieher.


    Fürs Leben geprägt


    Doch die Jahre im Heim hatten die betroffenen Menschen für ihr Leben geprägt. Liane Mueller-Knuth unternahm mehrere Selbstmordversuche, musste ihre Arbeit als Erzieherin aufgeben, arbeite zeitweise in der Gastronomie, zuletzt als Altenpflegerin. Viele Jahre war sie nahezu bindungsunfähig, Beziehungen gingen in die Brüche. Heute ist sie glücklich verheiratet.


    „69 Jahre lang bin ich mit einem Minderwertigkeitskomplex und einer ausgeprägten Autoritätshörigkeit durchs Leben gelaufen“, sagt auch das ehemalige Heimkind Marianne Döring, die über ihre Erfahrung ein Buch geschrieben hat (“Winter im Herzen“). „Und wir alle haben Angst vor Altersarmut“, sagt Liane Mueller-Knuth, weil viele Heimkinder nicht lebenslang gearbeitet haben oder nur als gering Qualifizierte.


    Die Berliner Regionalgruppe ehemaliger Heimkinder hofft deshalb auf einen Rentenausgleich. Und die ehemaligen DDR-Heimkinder hoffen auf eine noch immer ausstehende Entschädigung. Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) kündigte an, dass – ähnlich wie bereits für die westlichen Bundesländer geschehen – „relativ zeitnah“ ein Entschädigungsfonds aufgelegt werden sollte.



    Dieser Artikel ist vom 09.08.2011- Quelle Frankfurter Rundschau

    Sexueller Missbrauch Symbolische Anerkennung des Leids


    Region, 21.07.2011, DerWesten


    Paderborn/Soest. (rd) Das Erzbistum Paderborn hat die ersten Missbrauchsopfer entschädigt. 18 Betroffene haben 3000 bis 5000 Euro erhalten. Sie waren in den 1950er bis 1980er Jahren als Kinder und Jugendliche von Priestern und Ordensleuten sexuell missbraucht worden. Seit März haben sich 84 Opfer gemeldet, 38 Anträge auf Entschädigung sind seitdem gestellt worden.


    Es sind Dramen. Unfassbar. Bedrückend. Die Vorfälle, die Manfred Frigger hört, lassen niemanden kalt. Auch den 64-Jährigen nicht. Er ist Beauftragter für Fälle sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen im Erzbistum Paderborn. „Die Schicksale der Opfer gehen unter die Haut.“


    5000 Euro erhält ein heute 50-Jähriger. Immer wieder war er in den 1970er Jahren im Siegener Raum vom Pfarrer missbraucht worden. In der Sakristei, im Pfarrhaus. „Der Priester war der Täter“, sagt Frigger, „er zahlt auch die Summe. Das ist mit Erzbischof Becker vereinbart worden.“


    Bis heute ist das Opfer in therapeutischer Behandlung. Das Geld wollte er nicht einfach so, er wollte mit dem Missbrauchsbeauftragten über die Verbrechen von damals sprechen. „Mir hat er gesagt“, so Frigger, „es mache ihn zufrieden, für ihn schließe sich ein Kapitel. Ein Kapitel, in dem die Kirche zu ihrer Schuld stehe“.


    Jahrzehntelang hatte das Opfer die Geschichte mit sich herumgetragen, mit niemandem gesprochen. „Ihm ging es nicht ums Geld. Er wollte die Last loswerden“, sagt Frigger.


    Für den Missbrauchs-Beauftragten selbst bedeutet die Zahlung der Entschädigung eine symbolische Anerkennung des Leids: „Sie ist weder ein Freikauf von Verantwortung noch eine umfassende Entschädigung, vielmehr ist sie ein wichtiger Schritt bei der umfassenden Aufarbeitung des seelischen Prozesses.“


    Ein 64-Jähriger, der heute im östlichen Ruhrgebiet lebt, wollte das Grab des Priesters sehen, der sich an ihm immer wieder vergangen hatte. Vor drei Jahren starb seine Frau. Nie hatte er mit ihr über die Taten gesprochen. Jetzt suchte er auf Vermittlung Friggers die Pfarrei im Sauerland auf, wo das Unsagbare passierte. Der heutige Pfarrer sprach mit ihm, zeigte ihm erneut die Räume. Frigger: „Wissen Sie, was gesagt hat: ‘Ich brauche kein Geld. Ich bin geheilt.’ Eine bewegende Geschichte.“


    Ähnlich tragisch ist es einem heute 62-Jährigen ergangen. Er wuchs ohne Vater auf, seine Mutter verstieß ihn, er landete im Kinderheim. Die Familie eines Küsters nahm ihn am Wochenende zur Pflege auf. Wochenenden, die sein Leben bis heute prägen.


    Der Küster missbrauchte ihn - an jedem Wochenende. Frigger: „Er wusste jeden Freitag, jetzt bin ich wieder dran.“ Der Küster ist lange tot, seine Taten hat er mit ins Grab genommen. „Ihn und seine Mutter hasst er bis heute. Beim Ausfüllen des Antrags war er unendlich froh, endlich darüber sprechen zu können.“


    Das siebenseitige Antragsformular für die Entschädigung kritisiert der Verein ehemaliger Heimkinder heftig. Die Vorsitzende aus Soest, Monika Taschapek-Güntner: „Die Opfer sollen beschreiben, was ihnen wann wie oft mit wem zugestoßen ist.“


    Es sei unzumutbar, Betroffene Jahrzehnte später bezüglich des schlimmen Geschehens nach Uhrzeiten zu Fragen: „Das geht gar nicht. Das schreckt ab.“



    Quelle : Der Westen - Das Portal der WAZ Mediengruppe

    Danach gab es kein Halten mehr”


    Stadt & Menschen | 14. Juli 2011 | Leserbrief schreiben


    Vor zwei Jahren berichtete 16vor über die Geschichte einer geraubten Kindheit – die des Trierer Kopierladenbesitzers Jenö Alpár Molnár. Der heute 64-Jährige wurde im Alter von zehn Monaten von seinen Eltern getrennt. Seine gesamte Kindheit verbrachte er in österreichischen Heimen, wo er von Erziehern und weltlichen Schwestern misshandelt wurde. Die traumatischen Erinnerungen hat Molnár in einem Buch niedergeschrieben und nach einer Lesung in Wien eine regelrechte Lawine losgetreten. Inzwischen wurden Hunderte ehemaliger Heimkinder entschädigt, Bundesländer wie Tirol zahlten bis zu 25.000 Euro pro Opfer. Doch Molnár lässt nicht locker: Vor wenigen Tagen erst trat er wieder im ORF auf und forderte die Aberkennung von Verdienstorden. Die hatten einstige Erzieher erhalten, die auch dem Trierer noch in unguter Erinnerung sind.


    WIEN/TRIER. Am 5. März letzten Jahres hatte Jenö Alpár Molnár seinen großen Auftritt in der Alpenrepublik. Ein Auftritt, auf den er gerne verzichtet hätte, für den es aus seiner Sicht aber keine Alternative gab. Im Wiener Parlament las er aus seinem autobiographischen Buch “Wir waren doch nur Kinder…”. Der Lesung schloss sich eine Diskussion an, an der vom Trierer Soziologen Dr. Waldemar Vogelgesang moderierten Runde nahmen Wissenschaftler aus Graz, Salzburg, Wien und Köln teil. Zehn Tage später berichtete das österreichische Nachrichtenmagazin Profil über “Die Gezeichneten” und den “Terror in staatlichen Heimen”. Zu Wort kamen neben Molnár Leidensgenossen, die, wie der Trierer, Willkür und Gewalt durch Erzieher und weltliche Schwestern ausgesetzt waren.


    “Nach dem Profil-Bericht gab es kein Halten mehr”, berichtet Molnár im Gespräch mit 16vor. Man hört Genugtuung heraus, einen gewissen Stolz, in der tragischen Angelegenheit doch noch etwas erreicht zu haben. Jahrelang war er das Opfer, bestimmten andere über ihn: 1946 in Lambach in Oberösterreich als Sohn eines US-Amerikaners und einer Ungarin geboren, wird er in den Wirren der Nachkriegszeit von der US-Militärpolizei entführt und mit Hilfe österreichischer Behörden in staatlichen Kinderheimen untergebracht. Selbst seine Mutter soll nicht erfahren, wo der Junge sich aufhält. Jenö Molnár kommt zunächst in ein Säuglingsheim, knapp ein Jahr später dann in das Landeskinderheim Schloss Leonstein. Später wird er in Schloss Neuhaus untergebracht. Insgesamt 14 Jahre voller Gewalt durchlebt er in diesen Einrichtungen, doch seinen Charakter brechen sie ihm nicht. Und so wird er eines fernen Tages auch die Kraft finden, ein Buch über seine Erlebnisse in den Heimen zu schreiben. Es ist eine bittere Rückschau, und doch gibt es auch anrührend schöne Momente in diesen Erinnerungen. Etwa wenn Molnár von der Freundschaft zu anderen Kindern berichtet.


    Wirbel um Verdienstmedaillen für Ex-Erzieher


    Doch im Vordergrund stehen die Entbehrungen und Schikanen, die körperliche und seelische Gewalt, denen Hunderte Heimkinder in all den Jahren ausgesetzt waren. Dass Molnár mit seinem Schicksal keineswegs allein war, zeigte die Diskussion, die seine Lesung im Wiener Parlament auslöste. Molnár reiste noch nach Salzburg und Insbruck, auch in Linz, der Landeshauptstadt Oberösterreichs, hielt er eine Lesung. Die Verantwortlichen reagierten. Die oberösterreichische Landesregierung stellte insgesamt mehr als 622.000 Euro bereit. Das Geld erhielten 51 Opfer, die in landeseigenen Einrichtungen physischen, psychischen und sexuellen Misshandlungen ausgesetzt waren.´Das Bundesland Tirol zahlte rund 80 Opfern, die sich gemeldet und ihre Misshandlungen glaubhaft gemacht hatten, jeweils bis zu 25.000 Euro, woraufhin die Salzburger Landessozialrätin von einem Vorbild für ihr Bundesland sprach. Auch andere Bundesländer haben inzwischen Entschädigungen geleistet. Schon im Dezember letzten Jahres hatte der Gemeinderat von Wien eine Summe von insgesamt zwei Millionen Euro bewilligt.


    Molnár kann es noch immer nicht fassen, wie schnell die Politik in Österreich auf die auch durch sein Buch losgetretene Diskussion reagierte. Das sei “ein Wahnsinn”, sagt er ein ums andere Mal. Doch Molnár ist noch aus einem anderen Grund fassungslos: Nur drei Monate nach seiner Wiener Lesung zeichnete der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer zwei ehemalige Erzieher des damaligen Heims in Linz-Wegscheid mit der Verdienstmedaille des Landes Oberösterreich aus. Laut Salzburger Nachrichten berichteten mehrere Dutzend ehemalige Heimkinder von Misshandlungen durch die Beiden, und auch Molnár bestätigt im Gespräch mit 16vor, dass er an die Männer schlimme Erinnerungen hat. Seit einem Jahr sorgen die umstrittenen Auszeichnung in Linz für Wirbel, am vergangenen Samstag erst meldete sich Molnár wieder zu Wort – in der ORF-Sendung Oberösterreich heute. Einen Teilerfolg hat der Trierer auch hier erreichen können: Die Landesregierung beschloss eine Regelung, wonach einmal verliehene Verdienstmedaillen wieder aberkannt werden können. Die beiden Ausgezeichneten wehren sich gegen die Vorwürfe der Heimkinder, sprechen von Lügen und Verleumdungen. Doch laut ORF hat immerhin einer der “Verdienten” seine Medaille inzwischen wieder zurückgegeben.


    Quelle : 16 VOR Nachrichten aus Trier

    „Wir fordern die Ausschüsse auf, mittels einer Anhörung die Versäumnisse des Runden Tisches Heimerziehung aufzuarbeiten“, heißt es in einem offenen Brief an die Abgeordneten des Bundestages, der unserer Zeitung vorliegt. Jürgen Beverförden, Sprecher von Opfern in Niedersachsen, kritisiert darin „das Verschweigen von vielen unaufgeklärten Todesfällen in den Heimen“. Und er fragt: „Was oder wer hat viele Heimkinder in den Selbstmord getrieben?“


    Beverförden beklagt zudem eine seiner Ansicht nach mangelhafte Auseinandersetzung mit den Problemen in den Säuglingsheimen. Ein Experte, der dem Runden Tisch berichtet habe, sei weggemobbt worden.


    Der Bundestag hatte in der vergangenen Woche grünes Licht für die Entschädigung ehemaliger Heimkinder gegeben, die zwischen 1949 und 1975 Opfer von Unrecht, Demütigungen und Misshandlungen geworden sind. Das Parlament stimmte für einen überfraktionellen Antrag, der sich an den Empfehlungen des Runden Tisches Heimerziehung (RTH) orientiert. Danach sollen der Bund, die westdeutschen Länder und die Kirchen jeweils ein Drittel in einen 120-Millionen-Euro-Fonds einzahlen, damit Opfern mit Therapien und Rentennachzahlungen geholfen werden kann. Das Parlament forderte ferner, auch ehemalige DDR-Heimkinder auf ähnliche Weise zu unterstützen.


    700000 bis 800000 Kinder und Jugendliche lebten bis Mitte der 70er-Jahre in den überwiegend von den Kirchen betriebenen Heimen der Bundesrepublik. Auf etwa 250000 bis 300000 wird die Zahl jener geschätzt, die in jener Zeit in Säuglingsheimen untergebracht waren, so der Sozialwissenschaftler Carlo Burschel. Er ist selbst ein Betroffener und forscht und publiziert seit vielen Jahren zum Thema Säuglingsheime.


    Die Bedingungen in diesen Einrichtungen waren laut Burschel überwiegend sehr schlecht, manchmal sogar tödlich: „Verschiedene Quellen legen die Annahme nahe, dass es Hunderte von vermeidbaren Todesfällen gegeben hat, vor allem durch Pflegedefizite und Ausstattungsmängel. Aus dem Jahr 1962 gibt es den veröffentlichten Hinweis, dass die Sterblichkeit in Säuglingsheimen damals doppelt so hoch war wie bei Familienkindern.“


    Burschel nennt es „skandalös, dass die extreme Vernachlässigung von Säuglingen immer noch nicht systematisch aufgearbeitet ist“. Er fordert, der Bundestag, der sich bereits mit den Kinderheimen befasst hat, müsse endlich auch die katastrophalen Lebensumstände in den Säuglingsheimen systematisch aufarbeiten lassen. Es gehe um eine seit Langem überfällige Aufklärung und so gar nicht um Entschädigung. Burschel: „Ich bin davon überzeugt, dass Hunderte von Kleinkindern in den Säuglingsheimen der Wirtschaftswunderzeit ohne Not zu Tode gepflegt wurden, trotz besseren Wissens.“ Um deren Andenken gehe es, auch gegen den Widerstand derer, „die mit den Säuglingsheimen dieser Zeit wahre Profit-Center betrieben haben“. Burschel meint damit vor allem die kirchlichen Träger, aber auch die freien Wohlfahrtsverbände und eine nicht geringe Zahl privater Träger solcher Heime.


    Die katholische Kirche verstärkt derweil ihre Bemühungen, sexuellen Missbrauch von Minderjährigen in ihren Eirichtungen aufzuklären. Sie will dazu Personalakten seit 1945 wissenschaftlich und unabhängig aufarbeiten lassen. Die Kirche ermöglicht dazu erstmals kirchenfremden Fachleuten Zugang zu den Archiven.


    Die Bischöfe wollten eine „ehrliche Aufklärung“ und „der Wahrheit auf die Spur kommen“, so der Trierer Bischof und Missbrauchsbeauftragte Stephan Ackermann gestern in Bonn. Erste Ergebnisse sollen in gut einem Jahr vorliegen.


    Quelle : Osnabrücker Zeitung

    Bundestag stimmt für Entschädigung von ostdeutschen Heimkindern
    Sachsen und Thüringen begrüßen Beschluss


    Berlin/Dresden/Erfurt (epd). Ostdeutsche Heimkinder sollen nach dem Willen des Bundestages entschädigt werden. Bei seinem Beschluss über finanzielle Hilfen für Opfer der Heimerziehung in der alten Bundesrepublik hat sich das Parlament auch für eine Entschädigung ostdeutscher Heimkinder ausgesprochen. Der Fonds für Kinder aus Heimen der alten Bundesrepublik soll zu je einem Drittel vom Bund, den Ländern und den Kirchen finanziert werden. Erwachsene, die als Kinder und Jugendliche in DDR-Heimen Unrecht erlitten haben, sollen ebenfalls entschädigt werden.


    Für Heimkinder aus der früheren Bundesrepublik sollen 120 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Für die Entschädigung ostdeutscher Betroffener sollen dem Beschluss zufolge der Bund und die neuen Länder aufkommen. Details sind noch unklar. Sachsen und Thüringen begrüßten in einer ersten Reaktion den Beschluss.


    Das sächsische Sozialministerium betonte jedoch, dass das am Runden Tisch ausgearbeitete Finanzierungsmodell für Fälle aus der alten Bundesrepublik für die neuen Bundesländer nicht funktioniere. Die Drittel-Lösung auch hier anzuwenden, würde bedeuten, dass die ostdeutschen Länder "überproportional für die Kosten herangezogen werden, da hier die kirchliche Beteiligung fehlt", erklärte ein Ministeriumssprecher am Freitag auf Anfrage.


    Der Bund soll sich zumindest mit 50 Prozent anstelle des Drittels an den Zahlungen beteiligen, hieß es. "Das ist aus unserer Sicht die gerechtere Lösung." Das Ländergeld soll vermutlich vom Sozialministerium gestellt werden. Dies sei jedoch noch nicht abschließend geklärt.


    Thüringens Sozialministerin Heike Taubert (SPD) sagte dem epd, sie sei froh, dass nunmehr eine ähnliche Regelung wie für misshandelte Kinder und Jugendliche aus westdeutschen Heimen gefunden worden sei. Nunmehr müssten die betroffenen Länder in einem ersten Schritt "zu einem objektiven Bild" von Umfang und Ausmaß der Kindesmisshandlung und des Missbrauchs in DDR-Heimen gelangen. Dazu sei bereits für Donnerstag ein erstes Arbeitsgespräch mit dem Bund vorgesehen. Thüringen ist das einzige Bundesland mit einem eigenen Arbeitskreis zu Kindesmisshandlung und Kindesmissbrauch in Einrichtungen der DDR-Jugendhilfe.


    Die Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau zeigte sich über die Entscheidung des Bundestages "hoch erfreut". "Das wichtigste ist, dass es endlich eine öffentliche Anerkennung über das geschehene Unrecht gibt", sagte Gabriele Beyer vom Vereinsvorstand. Es komme jetzt weniger auf die Höhe der Entschädigungszahlungen an, sondern vielmehr darauf, dass den Betroffenen Beratung und Psychotherapien von dem Geld bereitgestellt werden. Der Jugendwerkhof in der sächsischen Stadt war die einzige geschlossene "Disziplinierungseinrichtung" für Jugendliche in der DDR.


    Der Bundestag folgte mit dem Beschluss am Donnerstagabend einer Empfehlung des Runden Tisches Heimerziehung, der im Auftrag des Parlaments die Geschichte der Heimerziehung in der frühen Bundesrepublik aufgearbeitet hatte. Mit den Zahlungen soll zum Beginn des kommenden Jahres begonnen werden. 100 Millionen Euro sind für direkte Hilfen vorgesehen, 20 Millionen Euro für Rentennachzahlungen.


    Nach den Verhandlungen am Runden Tisch wurden zunehmend auch Forderungen nach einer Entschädigung von DDR-Heimkindern laut, die teilweise in sogenannten Spezialkinderheimen und Jugendwerkhöfen unmenschlichen Bedingungen ausgesetzt waren. Nicht selten wurden Kinder und Jugendliche dorthin gebracht, weil sie als "schwer erziehbar" galten oder gegen das SED-Regime aufbegehrten. Bisher werden nur früher im Geschlossenen Jugendwerkhof in Torgau untergebrachte Jugendliche nach dem SED-Unrechtsbereinigungsgesetz entschädigt. Allein dort hatten seit 1964 rund 4.000 Jugendliche unter der Willkür von Erziehern zu leiden. (3705/08.07.2011)






    Quelle : Evangelischer Pressedienst

    07.07.2011
    Bundestag für Entschädigung von DDR-Heimkindern


    Berlin (dpa) – Die geplante Entschädigungsregelung für misshandelte Heimkinder aus Westdeutschland soll auch auf ehemalige Insassen von DDR-Heimen übertragen werden. Das hat der Bundestag entschieden. In einem fraktionsübergreifenden Antrag sprechen sich die Parlamentarier dafür aus, dass Opfer aus ostdeutschen Kinderheimen die gleiche finanzielle Unterstützung erhalten wie ihre Leidensgenossen aus dem Westen. Ein Großteil des Geldes soll in die Behandlung von traumatischen Folgeschäden fließen.



    Quelle : Online Focus





    digt


    Bisher wurden nur Kinder aus westdeutschen oder kirchlichen Heimen finanziell für ihr Leid entschädigt. Jetzt dürfen auch DDR-Heimkinder hoffen.


    Die geplante Entschädigungsregelung für misshandelte Heimkinder aus Westdeutschland soll nach dem Willen des Bundestags auch auf ehemalige Insassen von DDR-Heimen übertragen werden. In einem fraktionsübergreifenden Antrag, der am späten Donnerstagabend mit großer Mehrheit gebilligt wurde, sprechen sich die Parlamentarier dafür aus, dass Opfer aus ostdeutschen Kinderheimen die gleiche finanzielle Unterstützung erhalten wie ihre Leidensgenossen aus dem Westen.


    Kinderbetreuung in der DDR
    Foto: picture-alliance/ dpa/Köhne Kinderbetreuung in der DDR


    Ein Runder Tisch hatte sich im vergangenen Jahr auf die Einrichtung einer Stiftung verständigt, die vom Bund, den westdeutschen Bundesländern und den beiden großen christlichen Kirchen mit insgesamt 120 Millionen Euro ausgestattet wird.


    Grafik
    Foto: Infografik Welt Online


    Das Geld soll an Hunderttausende ehemalige Heimkinder fließen, die bis in die 70er Jahre hinein geschlagen, schikaniert und zum Teil sexuell missbraucht wurden. Zudem mussten sie oft schwere körperliche Arbeiten leisten, für die sie nur minimal entlohnt wurden.


    Eine analoge Entschädigungsregelung für die Insassen von DDR-Heimen fehlt bislang, weil sich die Arbeit des Runden Tisches lediglich auf das Unrecht in westdeutschen Einrichtungen bezogen hatte. Die Jugend- und Familienministerkonferenz hatte jedoch schon im Mai zugesagt, dass die betroffenen Ostdeutschen die gleichen Summen erhalten. Ein Großteil des Geldes soll in die Behandlung von traumatischen Folgeschäden fließen.
    dpa/mac




    Quelle : Welt Online

    Familienausschuss beschließt Antrag auf Entschädigung misshandelter Heimkinder
    Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend - 06.07.2011
    Berlin: (hib/AW) Kinder und Jugendliche, die während einer kommunalen oder kirchlichen Heimerziehung zwischen 1949 und 1975 zu Opfern von Unrecht und Misshandlungen geworden sind, sollen entschädigt werden. Der Familienausschuss beschloss den entsprechenden überfraktionellen Antrag der CDU/CSU, SPD, FDP und von Bündnis 90/Die Grünen (17/6143) in seiner Sitzung am Mittwoch mit den Stimmen der antragstellenden Fraktionen gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke. Der Antrag der Linksfraktion (17/6093) wurde mit den Stimmen der anderen Fraktionen abgelehnt. Der Bundestag wird in seiner Sitzung am Donnerstag abschließend über beide Anträge beraten und gemäß der Beschlussempfehlung voraussichtlich den fraktionsübergreifenden Antrag annehmen.


    Nach dem Willen von Union, Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen soll die Bundesregierung in Abstimmung mit den Bundesländern und den Kirchen zeitnah Regelungen zur Entschädigung gemäß der Empfehlungen des Runden Tischs ”Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren“ ausarbeiten und dem Bundestag vorlegen. Neben der Entschädigung, die nicht auf Renten und andere Sozialleistungen angerechnet werden soll, fordern die vier Fraktionen eine bessere Prävention vor weiteren Misshandlungen und die Einrichtung regionaler Anlauf- und Beratungsstellen.


    Die Entschädigung westdeutscher Heimkinder soll über einen bundesweiten Fonds in Höhe von 120 Millionen Euro finanziert werden. Der Bund, die alten Länder und die Kirchen sollen dafür jeweils 40 Millionen Euro bereitstellen. Die Entschädigung von misshandelten Kindern und Jugendlichen aus Heimen der DDR soll nach dem gleichen Modell und nach den gleichen Maßstäben erfolgen.


    Die antragstellenden Fraktionen wiesen in der Sitzung des Familienausschusses darauf hin, dass sich ihr Antrag eng an den Empfehlungen des Rundes Tischs zur Heimerziehung orientiere. Dieser habe sich zwar nur mit Misshandlungen und Unrecht in westdeutschen Heimen befasst, allerdings sei es auch in DDR-Heimen zu Misshandlungen gekommen. Deshalb habe die Entschädigung nach den gleichen Kriterien zu erfolgen.


    Die Linksfraktion hingegen kritisierte, der überfraktionelle Antrag ignoriere wesentliche Empfehlungen des Runden Tischs und nenne keine konkreten Zahlen zur individuellen Entschädigung der Opfer. Sie fordert in ihrem Antrag vor allem, dass die Entschädigung über ein Gesetz zu regeln sei.


    Für die Bundesregierung begrüßte Staatssekretär Josef Hecken aus dem Familienministerium den Antrag. Er kündigte an, dass die Gespräche zwischen der Regierung, den Ländern und den Kirchen vor dem Abschluss stünden. Bis Anfang nächsten Jahres werde man die Regelungen über die Entschädigung getroffen habe. Zeitgleich werde die Regierung einen Gesetzentwurf einbringen, der die Nichtanrechnung der Entschädigung auf Sozialleistungen garantiere.



    Quelle: Deutscher Bundestag